Auswirkungen weiblicher Hormone auf neurologische und psychische Erkrankungen
Das Leben von Frauen ist durch viele hormonelle Schwankungen geprägt – sei es durch den monatlichen Menstruationszyklus oder durch verschiedene Lebensphasen wie Schwangerschaft oder Menopause. Viele Frauen berichten, dass ihre Beschwerden eng mit dem Zyklus oder der jeweiligen Lebensphase zusammenhängen.
Zu den betroffenen Erkrankungen gehören Migräne, Multiple Sklerose, Depressionen und auch ADHS. Einige hormonelle Phasen, wie die Schwangerschaft, können bei bestimmten Erkrankungen, wie z.B. Multiple Sklerose, sogar schützend wirken, während in anderen Phasen, wie nach der Schwangerschaft oder in der prämenstruellen Zeit, die Beschwerden verstärkt auftreten.
Ursache für diese Schwankungen sind vor allem die Hormone Östrogen und Progesteron, deren Spiegel im Laufe des Zyklus und des Lebens schwanken. Diese Hormone wirken direkt auf das zentrale Nervensystem und können die Sensitivität von Neurotransmittern beeinflussen, was zu einem Ungleichgewicht und letztlich zu Symptomen führen kann.
Migräne, die Pille und das Schlaganfallrisiko
Ein bekanntes Beispiel für die Auswirkungen hormoneller Schwankungen ist Migräne. Die prämenstruelle Phase ist häufig mit einer Verschlechterung von Migräne verbunden. Man unterscheidet hier zwischen menstrueller Migräne, die ausschließlich um die Menstruation auftritt, und menstruationsassoziierter Migräne, die auch an anderen Tagen des Zyklus auftritt.
Viele Frauen nutzen hormonelle Verhütungsmethoden wie die Pille oder den Verhütungsring, da diese oft menstruationsbedingte Beschwerden lindern.
Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Kombination von Migräne und hormoneller Verhütung das Schlaganfallrisiko erhöhen kann. Das allgemeine Schlaganfallrisiko liegt bei etwa 2,5 pro 100.000 Menschen. Bei Migräne ohne Aura (und ohne hormonelle Verhütung) steigt das Risiko auf 4,0 pro 100.000, während es bei Migräne mit Aura auf 5,9 pro 100.000 ansteigt. Besonders gefährlich wird es, wenn Migräne mit Aura in Kombination mit der Einnahme einer hormonellen Kombinationspille auftritt, da das Schlaganfallrisiko in diesem Fall auf 36,9 % ansteigt.
Bei Migräne mit Aura sind deshalb hormonelle Kombinationspräparate nicht empfehlenswert. Liegen zusätzliche kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Nikotin, Diabetes oder Übergewicht vor, wird ebenfalls von hormoneller Verhütung abgeraten. Bei Migräne ohne Aura und ohne weitere Risikofaktoren kann die Pille jedoch unter ärztlicher Beratung weiterhin eingesetzt werden.
Migräne sollte je nach Häufigkeit und Schwere mit geeigneten Mitteln behandelt werden, wie z.B. Betablockern, CGRP-Antikörpern oder Botulinumtoxin. Topiramat wird jedoch wegen möglicher Risiken für eine Schwangerschaft bei Frauen im gebärfähigen Alter nicht zur Migräneprophylaxe eingesetzt.
ADHS und der hormonelle Zyklus
Auch das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADHS) kann stark vom Menstruationszyklus beeinflusst werden. Viele Patientinnen berichten, dass sich ihre Symptome, wie Konzentrationsschwierigkeiten, Ablenkbarkeit oder starke Stimmungsschwankungen, in der prämenstruellen Phase verschlimmern. Manche Frauen stellen auch fest, dass ihre Stimulanzientherapie in dieser Phase weniger wirksam ist.
In solchen Fällen kann eine Anpassung der Medikation, etwa durch eine höhere Dosierung während der prämenstruellen Phase, hilfreich sein. Auch eine zusätzliche Hormontherapie oder pflanzliche Präparate wie Mönchspfeffer können unterstützend wirken. Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation helfen vielen Frauen, den Stress zu reduzieren und das emotionale Wohlbefinden zu steigern. Eine ausgewogene Ernährung, die Omega-3-Fettsäuren und Vitamin B6 umfasst, sowie regelmäßige Bewegung können ebenfalls die Symptome lindern. Ebenso wichtig ist eine gute Schlafhygiene, da ausreichend Schlaf und eine regelmäßige Schlafroutine helfen, sowohl emotionale als auch körperliche Beschwerden zu reduzieren.
Es ist oft sinnvoll, neben der neurologischen oder psychiatrischen Behandlung auch die Frauenärztin oder den Frauenarzt einzubeziehen, um die beste Betreuung während der verschiedenen Lebensphasen zu gewährleisten.
Fazit
Frauen mit neurologischen oder psychischen Erkrankungen, die durch hormonelle Schwankungen beeinflusst werden, sollten ihre Beschwerden im Gespräch mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin gezielt ansprechen. Eine individuell abgestimmte Therapie kann helfen, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Wenn Sie unter einer der genannten Erkrankungen leiden und Unterstützung suchen, können Sie einen Termin unter 089/95006766 oder über www.jameda.de/ buchen.
Dr. Sabine Uez
Dr. Claudia Seiler